„Wenn man seine Dinge gut gemacht haben will, muss man sie selbst machen.“
Es scheint fast so, als hätte sich dieser Glaubensgrundsatz tief in die Strukturen der deutschen Unternehmenslandschaft eingegraben. Gerade Projekte mit mittelständischen Unternehmen zeigen uns diese Tatsache immer wieder auf. (Beinahe) die gesamte Entscheidungsbefugnis und Verantwortung konzentriert sich auf die höchsten Hierarchieebenen im Betrieb, während die Abteilungen selbst kaum dazu in der Lage sind Entscheidungen auf Basis ihrer eigenen Kompetenz zu treffen.
Doch was bedeutet eigentlich „Verantwortung übernehmen“, „Verantwortung haben“?
Nun, zunächst heißt das ganz einfach, dass man Antworten auf gestellte Fragen geben muss.
Hier fängt die Schwierigkeit für viele Führungskräfte an, denn nun müssen wir zwei unterschiedliche Formen der Verantwortung unterscheiden:
- die Rechenschaftsverantwortung
Die klassischen Fragen sind: was war los? und warum hast du das gemacht? - die Aufgabenverantwortung
Die zentralen Fragen hier lauten: wie kann ich die gestellte Aufgabe lösen oder wie wirst du, lieber Mitarbeiter, die gestellte Aufgaben lösen?
Rechenschaftsverantwortung einfordern ist von Amtswegen Sache eines Richters. Bei richterlichen Fragen geht es immer um Schuld und Strafe und dieser Themenkreis ist von sehr viel Scham überlagert.
Aufgabenverantwortung leben und einfordern ist Sache der Führungskraft.
Sehr viele Führungskräfte verwechseln fast ständig ihre Chef-Rolle mit der Richter-Rolle! Das heißt, in Kritikgesprächen werden richterliche Fragen gestellt. Das führt zur Angst, Fehler zu machen, zur Rechenschaft gezogen zu werden und zum Versuch, Schuld auf den anderen oder die Umstände abzuwälzen.
Und wenn nun in einer Unternehmung die Rechenschaftsverantwortung permanent im Vordergrund steht, werden Chefs zwar die "Verantwortung" durchaus abgeben, nicht jedoch die dazu gehörenden Befugnisse. Das heißt, derjenige, der die Verantwortung hat, erlebt sich als permanent Angeklagter. So wird zunehmend die notwendige Lösungssuche überlagert durch die "Schuldigen-Suche". Diese Angst, schuld an der jetzigen Misere zu sein, zieht sich dann von "ganz oben" bist "ganz untern" durch.
Deswegen werden die "ganz oben" immer mehr auf Absicherung setzen, und sich immer schwerer tun, eben nicht nur die Verantwortung, sondern v.a. auch die Befugnisse abzugeben. Und sie werden immer mehr den Eindruck haben, dass sie sich um alles im Zweifel selbst kümmern, weil die Mitarbeiter scheinbar unfähig sind, Verantwortung zu übernehmen.